Kalb

Ratgeber zum Internationalen Tag der Milch am Samstag, 01. Juni 2024 

VIER PFOTEN gibt Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher, wie diese Tierleid bei Milchprodukten minimieren können / Tierschutzprobleme bei der Milchproduktion 

29.5.2024

Hamburg, 29. Mai 2024 – Am kommenden Samstag, 01. Juni 2024 ist der internationaler Tag der Milch. Ähnlich wie beim Fleisch geht auch hier der Konsum in Deutschland zurück. Dennoch: Auch mit geringerem Verbrauch bleiben die Tierschutzprobleme in der Milcherzeugung bestehen. Diese reichen von Qualzucht über die Trennung von Kuh und Kalb direkt nach der Geburt bis hin zu langen Transporten von Kälbchen und deren späterer Mast in engen Vollspaltenbuchten. Auch die bei Kühen noch immer betriebene Anbindehaltung ist für die Tiere eine Qual. Zwar soll diese bei der anstehenden Novellierung des Tierschutzgesetzes mit einer Übergangsfrist von 10 Jahren stark eingeschränkt werden, aber bis das endlich umgesetzt ist, wird Milch aus dieser tierschutzwidrigen Haltungsform im Handel noch verbreitet angeboten werden. VIER PFOTEN informiert, welche Milchprodukte für mehr Tierschutz stehen, warum auch Bio-Milch für Tierleid sorgen kann und welche Alternativen es für Verbraucherinnen und Verbraucher gibt.

„Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kennen die Tierschutzprobleme der Milchproduktion nicht. Kühe geben wie alle Säugetiere nur Milch, wenn sie Nachwuchs bekommen. Deswegen leiden nicht nur die Kühe, sondern auch die dabei ‚produzierten‘ Kälber, für die es oft keinen Markt gibt. Sie werden direkt nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und wenn sie nicht auf dem Betrieb wieder selber Milchkuh werden, zur Mast verkauft. Oft ist das mit langen Tiertransporten verbunden. In konventioneller Mast wachsen die Jungtiere dann in engen Vollspaltenbuchten auf, in denen sie niemals rennen können, wie Kälber das gerne tun. Sie werden in ihrem kurzen Leben niemals eine Weide sehen und nie auf weichem Boden liegen können. Wenn die Milchkühe nach durchschnittlich knapp drei Jahren der ‚Nutzung‘ ausgelaugt sind, krank werden oder nicht mehr genug Milch geben, werden sie geschlachtet. Der romantische Hof mit glücklichen Kühen auf der Weide ist nicht die Regel. In der Realität leiden Millionen von Kühen unter Krankheiten, deren Ursache oft in schlechter Haltung, unzureichendem Management oder körperlicher Überforderung aufgrund von zu hoher Milchleistung liegt."

Dr. Nora Irrgang, Expertin für Tiere in der Landwirtschaft bei VIER PFOTEN

Entzündete Euter, zu kleine Ställe, Anbindehaltung

Die Züchtung auf extrem hohe Milchmengen und riesige Euter führt bei Milchkühen oft zu großen Gesundheitsproblemen: Dazu gehören vor allem Euterentzündungen, Stoffwechselerkrankungen und Lahmheiten. Auch die schmerzhafte Enthornung von wenige Tage alten Kälbern mit einem heißen Brennstab ohne lokale Betäubung ist bislang Standard in deutschen Milchbetrieben. Zwar sieht der gerade vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes zukünftig eine Betäubung der Kälber vor, doch ob diese wichtige Änderung am Ende auch wirklich im finalen Gesetzestext festgehalten wird, steht derzeit noch in den Sternen. Für viele Kühe in Deutschland ist ein Leben in so genannten Laufställen oder – sogar noch schlimmer – in dauerhafter Anbindehaltung traurige Realität. Nur eine Minderheit deutscher Milchkühe hat im Sommer Zugang zu Weiden.

Das Leid der Kälber

Damit das Kalb nicht die Muttermilch wegtrinkt, werden die beiden gleich nach der Geburt voneinander getrennt. Dies verhindert, dass sich eine natürliche enge Mutter-Kind-Beziehung entwickeln kann. Da die Kälber ohne Mutter aufwachsen müssen, leiden sie unter der fehlenden mütterlichen Fürsorge. Ein Großteil der Kälber kann nicht auf dem Geburtsbetrieb aufwachsen und wird deshalb sehr früh weiterverkauft. Da das Immunsystem der Kälber bei Abtransport und Neugruppierung im neuen Stall noch nicht ausgebildet ist, werden diese Tiere so gut wie immer mit Antibiotika behandelt.

Darauf beim Kauf von Milchprodukten achten

Wer nicht auf Milchprodukte verzichten, aber etwas für die Tiere tun möchte, sollte auf Bio- oder Weidemilch zurückgreifen. Kühe haben in Biohaltung meist mehr Platz im Stall, der Auslauf außerhalb des Stalls ist garantiert und im Sommer meist auch Zugang zur Weide. Wollen Verbraucherinnen und Verbraucher bei konventioneller Milch sichergehen, dass die Kühe nicht ihr ganzes Leben in einem Stall verbracht haben, können diese zu Weidemilch-Labeln greifen. Diese garantieren zumindest saisonalen Weidegang.

Auch Bio-Milch kann Tierleid verursachen

Doch Vorsicht: Weder die EU-Bio-Richtlinien noch die Vorgaben von Weidemilch-Labeln verbieten, ein Kalb direkt nach der Geburt von der Mutter zu trennen und es in einen konventionellen Maststall mit Vollspaltenbuchten ohne jeglichen Auslauf zu verkaufen. Auch das Enthornen ist bei Weidemilch und Bio nicht verboten – zwar darf es bei Bio nicht routinemäßig erfolgen, doch es wird trotzdem sehr häufig durchgeführt, wenn auch unter lokaler Betäubung. Nur die Verbände Demeter und Verbund Ökohöfe verbieten das Enthornen grundsätzlich.

Auch Anbindehaltung ist bei einigen Bio-Labeln nicht komplett verboten, sondern in Einzelfällen bei Kleinbetrieben in Kombination mit Weidegang und regelmäßigem Auslauf während der Stallsaison möglich. Label mit komplettem Verbot sind Biopark, Ecoland und Verbund Ökohöfe. Bei Bioland und Gäa gilt das ausnahmslose Verbot einer Anbindung von Jungrindern unter einem Jahr. Dass sich hinter Biomilch eine permanente und lebenslange Anbindehaltung verbirgt, wie es zum Beispiel bei konventioneller Milch vor allem aus Bayern oder Baden Württemberg noch der Fall sein kann (etwa bei den Molkereien Bauer und Zott), ist nach Biorichtlinien allerdings nicht möglich.

Muttergebundene Kälberaufzucht

Beste Alternative bei Milchprodukten ist aus Tierschutzsicht die muttergebundene Kälberaufzucht, bei der die Kälber sozialen Kontakt zu ihrer Mutter haben. Diese Praxis ist allerdings noch sehr selten und einige Betriebe lassen die Kälber auch nur wenige Wochen und nur zeitweise zur Mutter oder lassen sie bei einer Ammenkuh saugen. Die Initiative Brudertier Deutschland engagiert sich dafür, solchen Produkten am Markt ein Label zu geben. Damit können Betriebe unterstützt werden, die ihre Kälber auf dem eigenen Hof zusammen mit der Mutter aufzuziehen wollen.

Die beste Wahl für Tierschutz: pflanzliche Alternativen
Wer Tiere nicht leiden lassen will, greift auf pflanzliche Alternativen zurück: Diese werden in Deutschland immer beliebter.

Forderungen von VIER PFOTEN

  • Etablierung tiergerechter, gesetzlicher Mindeststandards für die Haltung von Rindern über 6 Monate (wie z.B. weiche Einstreu, ein tiergerechtes Platzangebot, bei dem die Tiere ihre Hörner behalten können, Auslauf im Freien, Weidezugang)
  • Verbot des Transports von nicht abgesetzten Kälbern bis zu einem Alter von 3 Monaten
  • Verbot von Anbindehaltung
  • Verbot von Zucht, Haltung und Import von Hochleistungsrassen, welche zuchtbedingt zu vermehrten Gesundheitsproblemen neigen
  • Förderung von muttergebundener Kälberaufzucht
  • Tiergerechte Haltungsstandards für alle Mastrinder von Anfang an (wie z.B. Gruppenhaltung, weiche Einstreu, viel Platz, Auslauf im Freien)

Informationen zur muttergebundenen Kälberaufzucht finden Sie hier.

Eine Liste ausgewählter Betriebe mit muttergebundener Kälberaufzucht finden Sie in diesem Positionspapier auf Seite 11

Informationen zum novellierten Tierschutzgesetz finden Sie hier.

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

+49 151 183 515 30

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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