VIER PFOTEN Demonstration in Berlin

VIER PFOTEN zur Tierschutzgesetz-Novelle: „Noch weitreichende Verbesserungen für mehr Tierschutz nötig“ 

Bundesregierung hat den Entwurf zur Überarbeitung des Tierschutzgesetzes beschlossen / Verschlechterung bei der Anbindehaltung 

27.5.2024

Hamburg, 24. Mai 2024 – Heute hat die Bundesregierung nach schwierigen Verhandlungen innerhalb der Koalition endlich den Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen. VIER PFOTEN kritisiert zahlreiche Mängel und fordert im weiteren Gesetzgebungsverfahren, die Leerstellen zu schließen. Die globale Tierschutzstiftung sieht noch weitreichenden Verbesserungsbedarf, damit das neue Tierschutzgesetz seinem Namen gerecht wird.

„Mit dem heute beschlossenen Entwurf ist die Überarbeitung hin zu einem Gesetz, das Tiere wirklich schützt, noch nicht erreicht worden – dafür gibt es noch zu viele Mängel und Leerstellen. Erschreckend ist, dass bereits während der Ressortverhandlungen wichtige Tierschutzvorhaben abgeschwächt oder sogar ganz aus dem Entwurf gestrichen worden sind – ein Beispiel dafür ist die Anbindehaltung. Nachdem in einem ersten Entwurf die ganzjährige Anbindehaltung bereits nach fünf Jahren verboten werden sollte, wurde dies auf zehn Jahre verlängert. Auch die Verknüpfung an die Betriebsinhaber:innen soll aufgeweicht werden. Diese Verschlechterung wird auch in Zukunft die bereits heute klar tierschutzwidrige Anbindehaltung ermöglichen und widerspricht damit auch dem Vorhaben des Koalitionsvertrags, jegliche Anbindehaltung spätestens nach zehn Jahren zu beenden. Ein skandalöser Rückschritt für die Tiere.

Zur Erinnerung: Wir sprechen hier von der größten Novellierung des Tierschutzgesetzes der vergangenen zehn Jahre. Der Fokus darf nicht auf den wirtschaftlichen Bedenken der Industrie liegen, sondern muss den bestmöglichen Schutz der uns anvertrauten Tiere zum Ziel haben. Solange dies nicht erreicht ist, kämpfen wir weiter für die Tiere. Bundesrat und Bundestag stehen jetzt in der Verantwortung, noch entscheidende Verbesserungen zu erreichen."

Rüdiger Jürgensen, Director Policy and Advocacy von VIER PFOTEN Deutschland

Bewertung wichtiger Bereiche des Kabinettsentwurfs

Der Entwurf konkretisiert endlich wichtige Qualzuchtmerkmale. Diese Änderungen reichen jedoch nicht aus, um alle Tiere zu umfassen, die an zuchtbedingten Defekten leiden. Zudem fehlen beispielsweise die wichtigen Haltungs- und Handelsverbote für qualgezüchtete Tiere. Auch die vom Ministerium geplante Ausnahmeregelung, mit der es bei Vorlage eines Zuchtkonzepts noch 15 Jahre möglich wäre, trotz Defekten mit Tieren weiter zu züchten, ist deutlich abzulehnen. Eine ähnliche Regelung hat bereits in Österreich keine Wirkung gezeigt und führt nur zu vielen weiteren Generationen von Tieren, die unter den Defekten leiden müssen.

Besonders bedauerlich ist, dass die Verbesserungen beim Strafrahmen und den Bußgeldern während der Ressortabstimmungen wieder deutlich abgeschwächt worden sind.

Bewertung des Kabinettsentwurfs im Hinblick auf Tiere in der Landwirtschaft

Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplante Identitätsangabe auf Online-Plattformen geht nicht weit genug, um das kriminelle Handeln mit Tieren wirklich zu bekämpfen. Händlerinnen und Händler müssen aus der Anonymität geholt werden. Eine Grundlage dafür wäre eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Tiere, bei der auch die Halterangaben überprüft werden. Wir fordern eine entsprechende Pflicht direkt im Gesetz zu verankern. Zudem muss das geplante Verbot, Wirbeltiere auf öffentlich zugänglichen Straßen, Wegen oder Plätzen zu verkaufen, auch für Privatanbietende gelten und ausnahmslos alle Tiere umfassen.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat es versäumt, ein umfassendes Verbot für Wildtiere in Zirkussen festzulegen. Zwar ist es ein Fortschritt, dass die im Entwurf vorgelegte Verbotsliste zwei Tierarten mehr umfasst als frühere Vorschläge – insbesondere die Großkatzen. Dennoch wurde im gleichen Zuge eine Ausnahme für Transporte zwischen festen Standorten geschaffen. Auch nicht-gelistete Tiere bleiben weiterhin ungeschützt. Unabhängig davon, ob es sich um die Dressur, die Haltung oder den Transport handelt, können Zirkusse aufgrund der systemimmanenten Probleme nicht gewährleisten, dass Wildtiere tiergerecht gehalten werden.

Eine Positivliste, die den Handel und die Privathaltung von Heimtieren reguliert, taucht im Entwurf ebenfalls nicht auf. Diese wäre jedoch dringend erforderlich, um den florierenden Wildtierhandel und die bisher unkontrollierte Haltung, vor allem exotischer Arten, in den Griff zu bekommen. Ein Verbot für den Online-Handel mit Wildtieren wurde ebenfalls nicht verankert. Auf Tierbörsen müssen nun zumindest gewisse Informationen über Wirbeltiere beim Verkauf verpflichtend angegeben werden – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die für alle Tiere gelten sollte.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

+49 151 183 515 30

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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