Gänse auf einer Farm in Polen

Tödliche Tradition: Tierschutzprobleme bei „Martinsgans“ und Gänsebraten

VIER PFOTEN empfiehlt: Wer auf Tierwohl Wert legt, entscheidet sich für fleischfreie Alternativen / Wenn es ohne Gänsebraten nicht geht:  ‚Freilandhaltung‘, ‚Weideganshaltung‘ oder Bio-Siegel 

7.11.2023

Hamburg, 07. November 2023 – Ab dem 11. November geht es den so genannten Martinsgänsen wieder an den Kragen, wenn viele Deutsche sich an einer geschlachteten Gans auf dem Teller erfreuen. Erst am 24. Dezember endet die tödliche Tradition, wenn dann in vielen Haushalten die Weihnachtsgans verspeist wird. Die Gaumenfreude bedeutet für Millionen von Gänsen den Tod – und verursacht nicht selten vorab extreme Qualen. VIER PFOTEN empfiehlt, auf die tödliche Tradition zu verzichten. Wer auf keinen Fall ohne den Gänsebraten zum Fest der Liebe auskommt, Tierleid jedoch minimieren möchte, sollte bewusst einkaufen. VIER PFOTEN informiert darüber, welche Regeln Verbraucher:innen beherzigen sollten.

Vergangenes Jahr lieferten laut Statista Polen (4.971 Tonnen) und Ungarn (935 Tonnen) das meiste Gänsefleisch nach Deutschland. In Deutschland selbst wurden 2022 2.380 Tonnen Gänse geschlachtet. Problematisch, denn gerade Länder wie Ungarn und Polen stehen für teils massive Tierschutzprobleme: Gänse werden zumindest in Ungarn nach wie vor gestopft, illegal lebend gerupft und in Intensivmast gehalten. Und auch in Polen wird immer wieder der illegale Lebendrupf dokumentiert. 

Intensivmast steht für intensive Tierqual

Für Gänse aus dem Ausland gilt: Sie werden zum Großteil in Intensivmast gehalten und diese steht für große Bestände, kürzere Mastperioden, hochkonzentriertes und zum Teil gentechnisch verändertes Futter sowie fehlenden Badezugang. Gänse sind aber Wasservögel und brauchen das Wasser etwa zur Gefiederpflege. Oft werden diese Billiggänse unter dem Handelsnamen „Hafermastgans“ vertrieben. Und selbst, wenn in Deutschland eine relativ artgemäße Weide- und Freilandhaltung mit mehr Auslauf und längeren und schonenderen Mastzeiten gängig ist, haben auch diese Tiere meist keinen Zugang zu Wasser.

Gut für die Geldbörse, schlecht für die Tiere  

„Hafermastgänse werden noch immer viel zu billig verscherbelt, eine Verbesserung der Tierhaltung ist bei solchen Preisen unmöglich. Wer beim Kauf von Gänsefleisch denkt, sparen zu müssen, kann nahezu sicher sein, dass dieses aus problematischer Intensivmast stammt. Für Freilandgänse sollten Verbraucherinnen und Verbraucher je Kilo in der Regel mit mindestens 15 bis 20 Euro rechnen. Bei Bio-Gänsen fallen circa 25 Euro pro Kilo an. Dennoch: Der Preis allein sagt nichts über die Haltungsbedingungen aus, daher sollte man zusätzlich auf verlässliche Siegel wie ‚Auslaufhaltung‘, ‚Freilandhaltung‘, ‚Weideganshaltung‘ oder das Bio-Siegel sowie auf das Herkunftsland, am besten Deutschland, achten.“

Martin Rittershofen, Kampagnenverantwortlicher für Nutztiere bei VIER PFOTEN

Empfehlung von VIER PFOTEN: fleischfrei am tierfreundlichsten

VIER PFOTEN appelliert an Verbraucher:innen, im Zweifelsfall auf Gänsefleisch zu verzichten, wenn die Produktionswege nicht nachvollzogen werden können. Aus Tierschutzsicht ist es generell am besten, kein Gänsefleisch zu konsumieren. Wenn es jedoch unbedingt der Gänsebraten sein muss, rät VIER PFOTEN zu einer Bio-Weidegans aus regionaler Haltung. Bei der Biohaltung ist die Fütterung garantiert ohne Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und ohne gentechnisch veränderte Pflanzen. Verlässliche Labels sind auch „Auslaufhaltung“, „Freilandhaltung“ oder „Weideganshaltung“.

Erst informieren, dann einkaufen

Die großen deutschen Supermärkte verpflichten sich öffentlichkeitswirksam, kein Gänsefleisch aus Stopfmast oder Lebendrupf anzubieten. Dennoch sollten Verbraucher:innen beim Einkauf vorsichtig sein: VIER PFOTEN appelliert an die Konsument:innen, sich hier genau nach der Herkunft des Gänsefleisches zu erkundigen. Besonders aufmerksam sollten Verbraucher:innen beim Außer-Haus-Verkauf der Gastronomie, der Nutzung von Bringdiensten und beim Besuch im Restaurant sein. Denn hier besteht für die Anbieter keine Kennzeichnungspflicht gegenüber ihren Kund:innen.

Billiggänse können Gänsestopfmast fördern

Obwohl die Produktion von Stopfleber in Deutschland gesetzlich verboten ist, steht die sogenannte Gänsestopfleber (Foie Gras) auch hierzulande noch auf den Speisekarten einiger Restaurants. Dabei ist sie eine einzige Tierqual: Bei der Gänsestopfmast werden den Gänsen mehrmals täglich lange Metallrohre mit Gewalt in den Hals gerammt. Diese brutale Zwangsernährung mit einem Brei aus Mais führt zu einem krankhaften Wachstum der Leber auf das Zehnfache der Lebergröße einer Biogans.

Stopfgänse könnten unter anderem deswegen so günstig sein, weil sie von einigen Mästern doppelt verwendet werden: So verkaufen einige Mäster nicht nur die Foie Gras, sondern auch den Rest des Tieres – etwa als Weihnachtsgans ohne Innereien. Da das Fleisch von Stopfgänsen durch den Verkauf der Fettlebern mitunter mitfinanziert wird, kann dieses dann auch deutlich günstiger angeboten werden. Ein Kilogramm Gänsefleisch im Discounter kostet nur wenige Euro – ein Kilogramm Gänsefleisch aus kontrollierter und zertifizierter Haltung kostet leicht das Zehnfache.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

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VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
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VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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