
Internationaler Tag der Milch am 01. Juni 2025
VIER PFOTEN gibt Tipps, wie Verbraucher:innen Tierleid bei Milchprodukten minimieren können.
Hamburg, 28. Mai 2025 – Noch immer ist vielen Verbraucher:innen nicht bewusst, wie der Konsum von Milchprodukten mit Tierschutzproblemen verknüpft ist. Diese reichen von Qualzucht über die Trennung von Kuh und Kalb direkt nach der Geburt bis hin zu langen Transporten von Kälbchen und deren späterer Mast in engen Vollspaltenbuchten. Auch die bei Kühen noch immer betriebene Anbindehaltung ist für die Tiere eine Qual. Deswegen gibt VIER PFOTEN zum Internationalen Tag der Milch wertvolle Tipps und informiert, welche Milchprodukte für mehr Tierschutz stehen, warum auch Bio-Milch für Tierleid sorgen kann und welche Alternativen es für Verbraucher:innen gibt.
„Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kennen die Tierschutzprobleme der Milchproduktion nicht. Kühe geben wie alle Säugetiere nur Milch, wenn sie Nachwuchs bekommen. Deswegen leiden nicht nur die Kühe, sondern auch die dabei ‚produzierten‘ Kälber. Sie werden meist innerhalb der ersten Woche nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und oft zur Mast verkauft. In konventioneller Mast wachsen die Jungtiere dann in engen Vollspaltenbuchten auf, in denen sie niemals rennen können, wie Kälber das gerne tun. Sie werden in ihrem kurzen Leben niemals eine Weide sehen und nie auf weichem Boden liegen können. Wenn die Milchkühe nach durchschnittlich knapp drei Jahren der ‚Nutzung‘ mehr und mehr Gesundheitsprobleme bekommen, nicht mehr genug Milch geben oder nicht mehr trächtig werden, gehen sie in die Schlachtung. Der romantische Hof mit glücklichen Kühen auf der Weide ist nicht die Regel. Die Mehrheit der Milchkühe in Deutschland sieht das ganze Jahr über keine Weide. In der Realität sind Milchkühe oft von Krankheiten betroffen, die ihre Ursache in schlechter Haltung, unzureichendem Management oder körperlicher Überforderung aufgrund von zu hoher Milchleistung haben“, sagt Dr. Nora Irrgang, Expertin für Tiere in der Landwirtschaft bei VIER PFOTEN.
Krankheiten schmerzhafte Eingriffe und Anbindehaltung
Die Züchtung auf extrem hohe Milchmengen und riesige Euter führt bei Milchkühen oft zu großen Gesundheitsproblemen: Dazu gehören vor allem Stoffwechselerkrankungen und Lahmheiten. Auch Unfruchtbarkeit, die häufig zum frühen Tod der Kühe führt, ist oft eine Folge von Hochleistungszucht. Die schmerzhafte Enthornung von wenige Tage alten Kälbern mit einem heißen Brennstab ohne lokale Betäubung ist bislang ebenso Standard in konventionellen deutschen Milchbetrieben. Für viele Kühe in Deutschland ist ein Leben in dauerhafter Anbindehaltung auch immer noch traurige Realität. Nur eine Minderheit deutscher Milchkühe hat im Sommer Zugang zu Weiden.
Das Leid der Kälber
Damit das Kalb nicht die Muttermilch wegtrinkt, werden die beiden voneinander getrennt. Dies verhindert, dass sich eine natürliche enge Mutter-Kind-Beziehung entwickeln kann. Da die Kälber ohne Mutter aufwachsen müssen, leiden sie unter der fehlenden mütterlichen Fürsorge. Ein Großteil der Kälber kann nicht auf dem Geburtsbetrieb aufwachsen und wird deshalb sehr früh weiterverkauft. Da das Immunsystem der Kälber bei Abtransport und Neugruppierung im neuen Stall noch nicht ausgebildet ist, werden diese Tiere so gut wie immer mit Antibiotika behandelt.
Darauf beim Kauf von Milchprodukten achten
Wer nicht auf Milchprodukte verzichten, aber etwas mehr für die Verbesserung der Situation der Tiere tun möchte, sollte auf Bio- oder Weidemilchprodukte zurückgreifen. Kühe haben in Biohaltung meist mehr Platz im Stall, der Auslauf außerhalb des Stalls ist garantiert und im Sommer meist auch Zugang zur Weide. Wollen Verbraucher:innen bei konventioneller Milch sichergehen, dass die Kühe nicht ihr ganzes Leben in einem Stall verbracht haben, sollten sie zu Weidemilch-Labeln greifen. Diese garantieren zumindest saisonalen Weidegang.
Auch Bio-Milch kann Tierleid verursachen
Doch Vorsicht: Weder die EU-Bio-Richtlinien noch die Vorgaben von Weidemilch-Labeln verbieten, ein Kalb direkt nach der Geburt von der Mutter zu trennen und es in einen konventionellen Maststall mit Vollspaltenbuchten ohne jeglichen Auslauf zu verkaufen. Auch das Enthornen ist bei Weidemilch und Bio nicht verboten – zwar darf es bei Bio nicht routinemäßig und nur mit lokaler Betäubung erfolgen, doch es wird trotzdem häufig durchgeführt. Nur die Verbände Demeter und Verbund Ökohöfe verbieten das Enthornen grundsätzlich.
Auch Anbindehaltung ist bei einigen Bio-Labeln nicht komplett verboten, sondern in Einzelfällen bei Kleinbetrieben in Kombination mit Weidegang und regelmäßigem Auslauf während der Stallsaison möglich. Label mit komplettem Verbot sind Biopark, Ecoland und Verbund Ökohöfe. Bei Bioland und Gäa gilt das ausnahmslose Verbot einer Anbindung von Jungrindern unter einem Jahr. Dass sich hinter Biomilch eine permanente und lebenslange Anbindehaltung verbirgt, wie es zum Beispiel bei konventioneller Milch vor allem aus Bayern oder Baden-Württemberg noch der Fall sein kann (etwa bei den Molkereien Bauer und Zott), ist nach Biorichtlinien allerdings nicht möglich.
Muttergebundene Kälberaufzucht
Beste Alternative bei Milchprodukten ist aus Tierschutzsicht die muttergebundene Kälberaufzucht, bei der die Kälber sozialen Kontakt zu ihrer Mutter haben. Diese Praxis ist allerdings noch sehr selten und einige Betriebe lassen die Kälber auch nur wenige Wochen und nur zeitweise zur Mutter oder lassen sie bei einer Ammenkuh saugen. Die Initiative Brudertier Deutschland engagiert sich dafür, solchen Produkten am Markt ein Label zu geben. Damit können Betriebe unterstützt werden, die ihre Kälber auf dem eigenen Hof zusammen mit der Mutter aufziehen wollen.
Die beste Wahl für Tierschutz: pflanzliche Alternativen
Wer Tiere nicht leiden lassen will, greift auf pflanzliche Alternativen zurück: Diese werden in Deutschland immer beliebter.
Forderungen von VIER PFOTEN
- Etablierung tiergerechter, gesetzlicher Mindeststandards für die Haltung von Rindern über 6 Monate (wie z.B. weiche Einstreu, ein tiergerechtes Platzangebot, bei dem die Tiere ihre Hörner behalten können, Auslauf im Freien, Weidezugang)
- Verbot des Transports von nicht abgesetzten Kälbern bis zu einem Alter von 3 Monaten
- Verbot von Anbindehaltung
- Verbot von Zucht, Haltung und Import von Hochleistungsrassen, welche zuchtbedingt zu vermehrten Gesundheitsproblemen neigen
- Förderung von muttergebundener Kälberaufzucht
- Tiergerechte Haltungsstandards für alle Mastrinder von Anfang an (wie z.B. Gruppenhaltung, weiche Einstreu, viel Platz, Auslauf im Freien)
Informationen zur muttergebundenen Kälberaufzucht finden Sie hier.
Eine Liste ausgewählter Betriebe mit muttergebundener Kälberaufzucht finden Sie in diesem Positionspapier auf Seite 11.

Oliver Windhorst
Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft+49 151 183 515 30
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg
VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen.