
Historische Chance vertan
Länder erteilen dem Lebendtiertransportverbot in Drittstaaten unter Druck von Bundesministerin Klöckner eine Absage
Statement VIER PFOTEN zur heutigen Bundesratsentscheidung zur Tierschutztransportverordnung und Tierschutz-Hundeverordnung
Hamburg/Berlin, 25. Juni 2021 – Die Mitglieder des Bundesrates votierten bei der heutigen Abstimmung über die deutsche Tierschutztransportverordnung gegen ein Transportverbot in 17 tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten – entgegen der Initiative, welcher der Bundesrat im Februar erst zugestimmt hatte. Dazu kommentiert Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland:
„Dass Ministerin Julia Klöckner die gesamte Verordnung – einen knapp zweijährigen Prozess – scheitern lassen wollte, zeigt einmal mehr den Stellenwert, den der Tierschutz für sie wirklich hat – nämlich keinen. Leider ist die Bundeslandwirtschaftsministerin mit ihren Drohungen an die Bundesländer im Vorfeld zur heutigen Abstimmung zum Tiertransportverbot in Drittländer durchgekommen: Sie hatte angekündigt, die gesamte Verordnung zur Änderung der Tierschutztransportverordnung und der Tierschutz-Hundeverordnung im Nachgang platzen zu lassen, sollten die Länder der Ziffer zum Transportverbot zustimmen. Damit wären auch zahlreiche weitere Tierschutzverbesserungen gescheitert. Das wollten die Länder nicht riskieren und sind nun eingeknickt – und das, obwohl sie mit der Bundesratsinitiative im Februar erst genau die Prüfung eines solchen Verbots gefordert hatten. Die Ministerin selbst hatte während ihrer bisherigen Amtszeit keine ernsthaften Bemühungen unternommen, diesen unsäglichen Horrortransporten einen Riegel vorzuschieben.
Wir haben kein Verständnis für diese Entscheidung, Tiertransporte zu erlauben: Es wurde eine große Chance verpasst, den Bund zum Handeln zu zwingen und das Leid von zigtausenden Tieren zu beenden, die unter grausamen Bedingungen jährlich von Deutschland aus in weit entfernte Drittstaaten verfrachtet werden. Tiertransporte in Drittstaaten können schlichtweg nicht tierschutzgerecht abgewickelt werden. Diese dauern bis zu 300 Stunden, die fast immer schwangeren Tiere sind Extremwetterbedingungen ausgesetzt, dazu zählt vor allem Hitze. Immer wieder sterben Tiere während des Transports. Die Versorgung auf der Strecke und die Haltung und Schlachtung im Zielland sind vollkommen inakzeptabel und weder tierschutzgerecht noch gesetzeskonform. Die minimalen Verbesserungen greifen viel zu kurz, um das Leid der Tiere bei Transporten zu verhindern.“
Entscheidung zur Tierschutzhundeverordnung
Ebenfalls stand die deutsche Tierschutz-Hundeverordnung auf der Tagesordnung. Die globale Tierschutzorganisation begrüßt, dass Verbesserungen wie besondere Vorgaben für die Sozialisierung von Welpen oder Haltungsanforderungen bei der Zucht durchgesetzt werden konnten. Weiter fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, Regelungen zur Kennzeichnung und Registrierung von Hunden zu erlassen und rechtliche Regelungen im Bereich des Online-Handels mit Hunden zu prüfen. Es ist höchste Zeit für Gesetze, um insbesondere den illegalen Handel mit Hundewelpen zu stoppen. VIER PFOTEN fordert solch eine Regelung schon lange von der Politik und wird noch im Juli eine Petition mit über 110.000 Stimmen an das Bundesministerium übergeben.
Hintergrund zur Tierschutztransportverordnung
Bereits im Februar 2021 hatten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen eine Bundesratsinitiative eingebracht, in der sie ein Verbot in bestimmte Drittstaaten fordern. Die Initiative wird nicht nur mit Tierschutzstandards, die während des Transportes nicht eingehalten werden, begründet, sondern auch mit der Behandlung der Tiere nach dem Transport bis hin zum Tage der Schlachtung, egal, ob diese unmittelbar nach dem Transport oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
VIER PFOTEN fordert auch auf EU-Ebene ein komplettes Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer. Denn nach dem Verlassen der EU-Außengrenzen kann der Tierschutz nicht sichergestellt werden. Das ist ein aus Tierschutzsicht inakzeptables Problem, das nur durch ein Ende dieser Transporte gelöst werden kann. Auch juristisch ist diese Situation inakzeptabel, da das geltende EuGH-Urteil 424/13 bei den Transporten nicht einhaltbar ist. Darüber hinaus kann nur ein Komplettverbot sicherstellen, dass nicht einzelne EU-Länder als Drehscheibe für Transporte aus Deutschland in eigentlich verbotene Drittstaaten dienen.
Zur Petition gegen grausame Tiertransporte geht es hier.
Weitere Informationen zu Tiertransporten finden Sie hier.

Oliver Windhorst
Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft+49 151 183 515 30
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Haustiere, Tiere in der Landwirtschaft und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Kambodscha, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA, dem Vereinigten Königreich und Vietnam sowie 13 Wildtier-Schutzzentren und Partnerprojekten weltweit sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.