Geschöntes Leid der Kühe

VIER PFOTEN übt Kritik an Sendereihe des WDR: „Die Superkühe“ ist einseitig und unkritisch

22.9.2017

Worum geht es?

Die Sendereihe des WDR mit dem Titel „Die Superkühe“ erhebt den Anspruch, die alltägliche Milchviehhaltung in Deutschland wahrheitsgemäß zu schildern. Dazu werden drei Milchkühe auf drei verschiedenen Betrieben (Bio-Hof, konventioneller Familienbetrieb und Großbetrieb) begleitet. Als Indikatoren für das Wohlbefinden der Tiere werden Daten von ausgewählten Sensoren erfasst. Dies soll der Sendung einen wissenschaftlichen Charakter verleihen.

 

VIER PFOTEN kritisiert die journalistisch mangelhafte Aufbereitung der Sendereihe: Zum einen enthält die einseitige, unkritische und industriell geprägte Darstellung zahlreiche Falschinformationen. Zum anderen finden sich darin aus Sicht der modernen Nutztierforschung und Nutztierethologie an vielen Stellen methodische Fehler.

VIER PFOTEN sieht die in der Sendung erhobenen Sensordaten sehr kritisch, da diese nichts über das tatsächliche Wohlbefinden des Tieres aussagen, sondern nur Daten über die Körpertemperatur oder den PH-Wert im Pansen beinhalten. Indikatoren aus der Forschung des Tierwohls sowie aus der Stress- und Schmerzforschung, die viel weitreichender sind, werden nicht herangezogen.

Drängende Tierschutzprobleme in der Milchviehhaltung werden dagegen nicht thematisiert. Tierschutzrelevante Praktiken werden sogar verharmlost und mit industriell geprägten Rechtfertigungen begründet. Im Folgenden führen wir einige konkrete Beispiele auf.

 

Billigmilch ist kein Thema

Auch Zusammenhänge von Billigmilch und schlechter Tierhaltung werden nicht hergestellt: Zuschauer und Verbraucher sollten über die Zusammenhänge zwischen Billigmilch und Tierleid aufgeklärt werden. Würde ein Liter Milch im Supermarkt nur einen Euro mehr kosten, könnte es den meisten Tieren sehr viel besser gehen. Wüssten Verbraucher, dass es auch Betriebe gibt, die aus dem System der industriellen Intensivtierhaltung aussteigen und eine alternative Milchkuhhaltung betreiben, könnten diese Betriebe gestärkt werden. Tierschutzrelevante Haltungssysteme könnten so bald der Vergangenheit angehören. Aber: Mit der Sendereihe wird dieses Ziel leider komplett verfehlt und stattdessen eher das Gegenteil bewirkt. Nämlich, dass Verbraucher zukünftig guten Gewissens wieder zur Billigmilch von gequälten Tieren greifen. 

 

Kritikpunkte von vier pfoten

  • Die reine Stallhaltung wird als genauso gut für die Kuh dargestellt wie eine Haltung mit Weidegang.
  • Die Trennung von Mutterkuh und Kalb direkt nach der Geburt wird als „natürlich“ dargestellt. Es wird nicht darauf hingewiesen, dass diese Trennung direkt nach der Geburt nicht notwendig ist und es alternative Lösungen wie die muttergebundene Kälberaufzucht gibt.  
  • Die hohe Milchleistung der Kühe wird unkritisch dargestellt, dabei leiden Milchkühe körperlich so sehr unter dieser physiologisch unnatürlichen hohen Milchentwicklung, dass sie extrem krankheitsanfällig sind und bereits mit drei bis fünf Jahren zum Schlachter gebracht werden.
  • Die Enthornung wird nicht im Zusammenhang mit der viel zu engen Aufstallung der Tiere dargestellt, ganz zu schweigen von der nicht vorhandenen Schmerzausschaltung.

Was Sie tun können

  • Schreiben Sie an die WDR Redaktion.
  • Kommentieren Sie die Sendung auf Facebook.
  • Informieren Sie sich vor dem Kauf von Milchprodukten über die Haltungsbedingungen der Tiere und verzichten Sie auf Produkte aus konventioneller Haltung. Bevorzugen Sie stattdessen Produkte aus tierfreundlicher Haltung oder ökologisch erzeugte Produkte.
  • Versuchen Sie, Ihren Milchkonsum einzuschränken. Kaufen Sie vermehrt pflanzliche Alternativen wie zum Beispiel Hafermilch oder Nussmilch. Diese sind sehr schmackhaft und werden ohne tierische Zutaten hergestellt.

Vier Pfoten fordert

  • rechtliche Mindestvorgaben zur Haltung von Rindern, die älter als sechs Monate sind.
  • Verbot der Zucht auf Extremleistungen.
  • Förderung des Einsatzes von Zweinutzungsrassen.
  • langfristiges Enthornungsverbot, übergangsweise nur unter Betäubung.
  • Verbot der Anbindehaltung.
  • Verbot von Vollspaltenböden.
  • ausreichend großes Platzangebot und eingestreute Liegeflächen.
  • wiederkäuergerechte Fütterung mit ausreichend Raufutter.
  • befestigten Auslauf.
  • Weidegang, saisonbedingt mindestens 120 Tage pro Jahr.
  • regelmäßige Klauenpflege (je nach Zustand etwa zwei Mal pro Jahr).
  • Kälberaufzucht in Mutterkuhhaltung.
  • Förderung artgemäßer Ställe mit Auslauf und Zugang zu einer Weide.

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