Echtpelz oder Kunstpelz?

Über die mangelhafte Kennzeichnung von Pelz – und wie Sie Echtpelz trotzdem erkennen

Viele Menschen finden Pelz zwar attraktiv, möchten aber nicht, dass Pelztiere dafür sterben müssen. Kunstfell scheint hier eine gute Alternative zu sein. Doch Vorsicht: Häufig wird echter Pelz mit Kunstpelz verwechselt. Beide voneinander zu unterscheiden ist manchmal überraschend schwierig. Das hat mehrere Gründe:

  1. Ähnlichkeit: Moderner Kunstpelz ist meist von guter Qualität und sieht oft sehr authentisch aus. Da fällt es kaum auf, wenn ein Pelzbommel doch aus echtem Fell besteht. Auf der anderen Seite wird Echtpelz für die Verwendung in der Mode oft bearbeitet, geschoren und gefärbt, so dass er gar nicht mehr so natürlich aussieht. Daher sind Echt- und Kunstpelz in der Optik kaum noch voneinander zu unterscheiden.
  2. Fehlende Kennzeichnung: Die Deklaration von Echtpelz ist mangelhaft, wie Studien zeigen. Gerade bei Pelzbesatz ist nur selten ein Hinweis am Kleidungsstück, das darüber Auskunft gibt, ob es sich um Echtpelz oder Kunstfell handelt.
  3. Kaum Preisunterschiede: Gerade bei pelzbesetzten Accessoires gibt auch der Preis kaum Hinweis darauf, ob hier Echtfell oder Kunstfell verwendet wurde. Echtfellbesatz wird heute mit extrem geringen Produktionskosten hergestellt und daher auch sehr günstig angeboten.

Hintergrund: Die EU-Kennzeichnungsregelung für Pelz

Wie sieht die Gesetzteslage zur Kennzeichnung von Pelz aus? Gemäß der seit Mai 2012 geltenden EU-Kennzeichnungsregelung müssen nur textile Kleidungsstücke, welche weniger als 20 Prozent Echtpelz enthalten, mit dem Hinweis gekennzeichnet werden „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“. Ob es sich bei den tierischen Teilen einer Jacke um die Daunenfüllung, den Lederriemen am Reißverschluss oder um die Echtpelzverzierung der Kapuze handelt, ist unmöglich zu identifizieren. Kleidungsstücke, die mehr als 20 Prozent Echtpelz enthalten, brauchen gar nicht gekennzeichnet werden. Darüber hinaus darf – da die Verordnung nur Textilien umfasst – eine breite Palette von Produkten wie Schuhe, Handtaschen und Schlüsselbundzubehör, die echtes Tierfell enthalten, gänzlich ohne Kennzeichnung im Handel angeboten werden.

Verbraucher auf Kennzeichnung angewiesen

Laut Umfragen lehnen 86 Prozent der Verbraucher Echtpelz ab. Sie sind beim Einkaufen auf eine klare Kennzeichnung angewiesen. Wenn eine Mütze nur als 100 Prozent Acryl etikettiert ist, obwohl der Bommel aus Echtpelz besteht, ist das nichts anderes als Verbrauchertäuschung. Dass es auch anders geht, zeigt die Schweiz: Dort muss auf dem Etikett der Kleidungsstücke die Tierart mit korrektem Artnamen, das Herkunftsland und die Art der Pelzgewinnung klar benannt werden.

Studien decken mangelnde Pelzkennzeichnung auf

Die Fur Free Alliance (FFA), eine internationale Koalition von 40 Tierschutzorganisationen, legte im September 2017 dem Europäischen Parlament einen brisanten Bericht vor. Dieser zeigt auf, dass die im Jahr 2012 eingeführte EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Echtpelz in Textilprodukten nur sehr mangelhaft eingehalten wird. Als Mitglied der FFA unterstützt VIER PFOTEN die Forderung an die EU Kommission nach einer transparenten, verbraucherfreundlichen Kennzeichnungspflicht von Echtpelzprodukten in der EU.

Als Mitglieder der internationalen Fur Free Alliance haben wir zusammen mit dem Deutschen Tierschutzbund im Herbst 2016 gemeinsam 87 Kleidungsstücke aus 47 Geschäften in Hamburg, Berlin, Köln, Augsburg und München untersucht. Die Produkte stammen aus Boutiquen und Straßenständen, bekannten nationalen und internationalen Modeketten und Kaufhäusern sowie von Luxuslabeln und bewegen sich in einem preislichen Rahmen von acht bis 1.195 Euro. 79 der begutachteten Kleidungsstücke wären nach EU-Vorgabe kennzeichnungspflichtig, doch bei 50 Prozent fehlte der vorgeschriebene Hinweis im Etikett. Bei Produkten unter 50 Euro fehlte der Hinweis sogar bei über 80 Prozent. Bei Artikeln unter 10 Euro fehlte die vorgeschriebene Kennzeichnung zu 100 Prozent.

Die mangelhafte Kennzeichnung ist nicht nur in Deutschland ein Problem. Recherchen im Einzelhandel an 667 Kleidungsstücken mit echtem Tierpelz in zehn EU-Ländern ergaben, dass in 68 Prozent der Fälle die erforderliche Kennzeichnung fehlte. In allen untersuchten EU-Staaten – Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Litauen, Österreich, Polen, Schweden, Tschechien – gab es klare Kennzeichnungsverstöße. In Österreich waren 49 Prozent der Pelzwaren nicht korrekt gekennzeichnet, in Deutschland 51 Prozent und in Großbritannien sogar 93 Prozent.

Diese großen Kennzeichnungsdefizite untermauern, dass die EU-Textilkennzeichnungsverordnung (1007/2011) – selbst wenn sie vollständig eingehalten wird – nicht ausreichend ist, um Verbraucher eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen.

Wir fordern von der Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für eine transparente und verbraucherfreundliche Kennzeichnungsregelung einzusetzen!

Die ganze Recherche als Download hier:

Recherche

Recherche

Falsche Kennzeichnung von Pelz

„Für Konsumenten bedeutet dies schlimmstenfalls: Sie kaufen Echtpelz, ohne es zu wissen, weil die Kleidung nicht korrekt oder gar nicht gekennzeichnet ist. Die EU-Verordnung schützt den Verbraucher nicht ausreichend. Deshalb fordern wir gemeinsam mit der FFA von der Europäische Kommission, eine gesetzliche Regelung einzuführen, die alle Echtpelzprodukte eindeutig kennzeichnet. Nur so können Verbraucher, die echten Pelz aufgrund der Grausamkeit seiner Produktion vermeiden wollen, eine entsprechende Kaufentscheidung treffen.“

Thomas Pietsch, Pelzexperte bei VIER PFOTEN

Echtpelz und Kunstfell unterscheiden

Wenn Kunstpelz mittlerweile so echt aussieht, Echtpelz oft wie Kunstpelz wirkt und häufig nicht korrekt gekennzeichnet ist – wie kann man als Verbraucher Echtfell dann überhaupt erkennen? VIER PFOTEN verrät, mit welchen Tricks Sie Kunstfell von Echtfell unterscheiden. Im Zweifel raten wir jedoch dazu, auf den Kauf eines Produktes mit nicht einwandfrei identifizierbarem Fell lieber zu verzichten.

Update 2019:

Eine erneute Recherche in Deutschland von 2018/2019 belegt, dass es weiterhin massive Verstöße gegen die EU-Textilkennzeichnungs-Verordnung bei Echtpelz-Artikeln gibt. Die Ergebnisse sind hier als Download verfügbar.

Recherche-Ergebnisse

Recherche-Ergebnisse

Die Ergebnisse der Pelz-Recherche 2018/2019

Checkliste: Echtpelz oder Kunstfell?

  • Der Unterwolle-Test: Ziehen Sie die Oberhaare des Pelzes etwas auseinander und schauen Sie, was darunter zum Vorschein kommt. Ist der Pelz lang beziehungsweise ungeschnitten, ist bei Echtpelz manchmal eine Unterwolle zu erkennen. Diese besteht aus ganz feinen, dichten und flauschigen Haaren, welche die Tiere in der Natur ausgezeichnet wärmen.
  • Der Leder-Test: Echtpelz wird mitsamt Leder gewonnen und verarbeitet. Ziehen Sie die Haare vorsichtig auseinander. Am darunter liegenden Gewebe können Sie erkennen, ob es sich um ein künstlich gewebtes Muster beziehungsweise einen Stoff handelt oder ob die Haare auf echtem Leder haften.
  • Der Wind-Test: Echtpelz bewegt sich oft schon bei leichten Brisen. Wenn Sie ganz sanft über den Pelz blasen und sich die Haare trotzdem bewegen, haben Sie wahrscheinlich Echtpelz vor sich.
  • Der Haar-Test: Man kann Echt- von Kunstpelz unterscheiden, indem man ein paar Haare verbrennt. Wenn Sie einen synthetischen Geruch wahrnehmen und die Haare zu kleinen, harten Klümpchen verschmelzen, handelt es sich um Kunstpelz. Zerfallen die Haare jedoch und riecht es nach verbrannten Haaren, so handelt es sich um Echtpelz. Einen weiteren Anhaltspunkt bieten die Haarspitzen. Sind diese geschnitten kann man von Kunstpelz ausgehen, spitz gewachsen könnten sie ein Indikator für Echtpelz sein.

Auf Nummer sicher: Fur Free Retailer Program

Wer ganz sicher gehen möchte, dass er nicht versehentlich echten Pelz kauft, der findet durch das „Fur Free Retailer Program“ eine Liste sämtlicher Modemarken, die sich bereits klar gegen Pelz in ihren Kollektionen ausgesprochen haben: furfreeretailer.com.

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