Rehkitz im Wildtier- und Artenschutzzentrum, Deutschland

Bitte nicht anfassen: Wildtierkinder brauchen oft keine Hilfe! 

VIER PFOTEN Expertin erklärt, weshalb Abstand Leben retten kann

15.5.2025
Hamburg, 15. Mai 2025 – Die Frühlingsmonate sind für heimische Wildtiere eine kritische Zeit, denn viele von ihnen bringen ihren Nachwuchs zur Welt. Bei mildem Wetter sind Spaziergänge durch Wiesen und Wälder besonders beliebt, und aufmerksame Naturfreund:innen können jetzt jungen Wildtieren begegnen. Wer Tiere beobachtet oder scheinbar verlassene Jungtiere findet, sollte umsichtig handeln. Eva Lindenschmidt, Diplom-Biologin und Wildtierexpertin der VIER PFOTEN Wildtierstation TIERART, erklärt, wie man sich richtig verhält – und wann tatsächlich Hilfe erforderlich ist.

Nicht jedes verlassene Jungtier ist in Not

„Gerade im Frühjahr ist die Versuchung groß, einem allein wirkenden Jungtier zu helfen, aber nicht jedes Tier ist wirklich in Not. Viele Wildtiermütter, wie etwa die der Feldhasen oder Rehe, lassen ihre Jungen tagsüber unbeaufsichtigt, um Fressfeinde nicht durch ihren Eigengeruch anzulocken. Sie kommen nur für eine kurze Zeit zum Säugen zurück. Die Jungtiere verharren still im hohen Gras – ein Schutzmechanismus, der oft missverstanden wird. In solchen Situationen ist es wichtig, Abstand zu halten und den Fundort rasch zu verlassen, damit die Mutter zurückkehren kann.“

Eva Lindenschmidt, Diplom-Biologin und Wildtierexpertin der VIER PFOTEN Wildtierstation TIERART

Meist sind die Elterntiere in der Nähe

Rehkitze, die im Mai und Juni geboren werden, sind besonders gefährdet. In den ersten Tagen nach der Geburt haben sie keinen Eigengeruch, sodass es für Feinde schwierig ist, sie zu finden. Eva Lindenschmidt warnt: „Immer wieder kommen Spaziergängerinnen und Spaziergänger mit scheinbar hilflosen Kitzen zu uns. Diese brauchen jedoch keine Hilfe. In der Regel hält sich das Muttertier in der Nähe auf, kehrt aber nicht zurück, solange sich Menschen oder Hunde in der Umgebung aufhalten. Auch in diesem Fall ist es wichtig, Abstand zu wahren, aufmerksam zu sein und im Zweifelsfall Expert:innen zurate zu ziehen."

Auch bei scheinbar hilflosen Jungvögeln ist Zurückhaltung entscheidend. Zahlreiche sogenannte Ästlinge, das sind junge Vögel, die das Nest bereits verlassen haben, aber noch nicht fliegen können, werden weiterhin von ihren Eltern versorgt. „Sie sitzen oft am Boden unter Sträuchern und warten auf Futter“, erklärt die Biologin. „Wer sie einsammelt, trennt sie möglicherweise für immer von ihren Eltern. Nur bei offensichtlichen Verletzungen oder wenn eine akute Gefahr besteht, etwa durch den Straßenverkehr, darf ein Jungvogel vorsichtig umgesetzt und von Fachleuten begutachtet werden."

Hunde bitte an der Leine führen

Freilaufende Hunde stellen eine große Gefahr für Wildtiere dar. „Jedes Jahr erleiden unzählige Rehkitze und andere Jungtiere Verletzungen oder werden sogar getötet, weil sie von nicht angeleinten Hunden angegriffen werden“, betont Eva Lindenschmidt. „Während der Brut- und Setzzeit, also im Frühjahr und Sommer, sollten Hunde grundsätzlich an der Leine und ausschließlich auf den Wegen geführt werden. Das schützt nicht nur die Wildtiere, sondern verhindert auch unangenehme Situationen für Halterinnen und Halter."

Im Zweifel sollte man Hilfe suchen

Wer ein verletztes oder tatsächlich verwaistes Tier findet, sollte nicht vorschnell handeln. „Falsch verstandene Tierliebe kann mehr Schaden anrichten als Nutzen“, so die Expertin. „Kontaktieren Sie Wildtierstationen, Naturschutzvereine, Förster, Jäger oder die Polizei, bevor Sie das Tier anfassen. Denn menschliche Berührungen bedeuten für Wildtiere enormen Stress. Zudem können insbesondere verletzte oder sehr gestresste Wildtiere äußerst wehrhaft sein. Sie sollten ausschließlich von Expert:innen behandelt werden, falls eine Aufnahme notwendig ist."

Susanne von Pölnitz

Pressesprecherin Wildtiere

presse-d@vier-pfoten.org

+49 152 020 170 68

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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