Schweine auf Lebendtiertransport

VIER PFOTEN kritisiert heutige Abstimmung des EU-Parlaments zu Lebendtiertransporten: Empfehlungen viel zu lasch 

Abstimmung des Parlaments konzentriert sich über weite Strecken nur auf Durchsetzung bereits bestehender Rechtsvorschriften 

20.1.2022

Straßburg/Hamburg, 20. Januar 2022 – Die heute vom EU-Parlament in Straßburg verabschiedeten Empfehlungen an die Europäische Kommission und den Europäischen Rat führen laut VIER PFOTEN nicht zu signifikanten Verbesserungen für die Tiere – die globale Stiftung für Tierschutz kritisiert das Ergebnis der Abstimmung als viel zu lasch. Grundlage für die Empfehlungen sind die Ergebnisse des ANIT (Untersuchungsausschuss „Tiertransporte“ des Europäischen Parlaments), die bereits im vergangenen Dezember veröffentlicht wurden. Hier hatte sich bereits gezeigt, dass sich die Empfehlungen hauptsächlich auf die verstärkte Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften konzentrieren, anstatt strengere Maßnahmen für mehr Tierschutz zu fordern. Die längst überfällige Umsetzung eines Verbots von Langstreckentransporten und Lebendtierexporten bleibt ein weit entferntes Ziel. Deswegen begrüßt VIER PFOTEN auch die Ankündigung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, sich für ein EU-weites Verbot von Langstreckentransporten sogenannter Nutztiere in Drittländer einzusetzen.

„Dies war eine verpasste Gelegenheit bei einem Thema, das so vielen Europäerinnen und Europäer am Herzen liegt und das uns alle betrifft. Wir brauchen dringend die längst überfälligen strengeren Maßnahmen zum Schutz der Tiere während des Transports. Neben einer ambitionierten Gesetzesänderung auf europäischer Ebene besteht auch akuter Handlungsbedarf auf den nationalen Ebenen.“

Pierre Sultana, Direktor des European Policy Office (EPO) von VIER PFOTEN 

ANIT zeigt Schwächen auf

„Der vom ANIT veröffentlichte Bericht hat viele Schwachstellen des derzeitigen Rechtsrahmens aufgezeigt. Wir hoffen, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission den gesamten Bericht prüfen und eine drastische Reduzierung der maximalen Transportzeiten auf maximal acht Stunden vornehmen. Jungtiere, die noch auf Milchnahrung angewiesen sind, sollten gar nicht transportiert werden. Die vorgeschlagene Transportzeitbegrenzung von vier Stunden für Geflügel und Kaninchen sollte übernommen werden. Darüber hinaus fordert VIER PFOTEN ein Verbot von Seetransporten und Exporten in Drittländer."

Hintergrund zum ANIT

Der Untersuchungsausschuss für den Schutz von Tieren beim Transport ANIT arbeitete zwischen Juni 2020 und Dezember 2021 und untersuchte Verstöße bei der Anwendung der EU-Transportverordnung 1/2005.
Es ist erst der vierte Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments seit 1992 und der erste zum Thema Tierschutz. Um die Probleme im Zusammenhang mit Tiertransporten noch besser beurteilen zu können, wurde er zweimal verlängert und dauerte damit 18 Monate.

Überarbeitung der EU-Gesetzgebung

Die Europäische Kommission hat beschlossen, die meisten Gesetze und Verordnungen zum Tierschutz einer gründlichen Eignungsprüfung zu unterziehen. Sie bewertet, ob der rechtliche Rahmen die Tiere in der Europäischen Union noch angemessen schützt. In der Folge soll die aktuelle Tierschutzgesetzgebung bis 2023 überarbeitet werden. Als Teil dieses längeren Prozesses hat die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation gestartet, um allen Bürger:innen der EU die Möglichkeit zu geben, ihre Meinungen und Prioritäten zu äußern.

Tiertransporte sind auch ein deutsches Problem: Große Bündnisdemo in Aurich im April

VIER PFOTEN begrüßt die Ankündigung von Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir, sich für ein EU-weites Verbot von Langstreckentransporten sogenannter Nutztiere in Drittländer einzusetzen. Doch die Transporte sind auch ein deutsches Problem. Hier muss die Bundesregierung die Versäumnisse der Vergangenheit dringend aufarbeiten und sich etwa für ein bundesdeutsches Transportverbot in Drittstaaten einsetzen. Aus der Bundesrepublik gehen jährlich Transporte mit Millionen Tieren teils über EU-Umwege in Drittländer.

Der Landkreis Aurich spielt hier eine wichtige Rolle. 2021 wurden 237 Langstreckentransporte durch das zuständige Veterinäramt genehmigt. Dabei wurden ca. 8.300 Rinder in Länder wie z.B. Marokko, Russland und Usbekistan exportiert. Aurich hat sich hierbei als Schlupfloch für skrupellose Tiertransporteure einen „Namen“ gemacht. Während andere Bundesländer ein Verbot von Transporten in Drittländer ausgesprochen haben, nutzen diese Transportunternehmen nun die Möglichkeit, über Aurich abzufertigen. Hierbei ist auch die Landesregierung angesprochen, die es bis heute nicht geschafft hat, diese unnütze Tierquälerei zu beenden. Das Aktionsbündnis „Schluss mit Tiertransporten“ wird am 09. April 2022 in Aurich eine Großdemonstration mit anschließender Expert:innenrunde und Podiumsdiskussion durchführen.

Forderung VIER PFOTEN

  • Transportverbot lebender Tiere in Drittstaaten
  • Transportverbot nicht abgesetzter Tiere, die noch auf Milchnahrung angewiesen sind
  • Transportverbot lebender Tiere auf Schiffen
  • Transportbegrenzung auf max. acht Stunden; für Geflügel, Kaninchen sowie innerhalb Deutschlands auf max. vier Stunden
  • Generelles Verbot von Abfertigungen bei zu erwartenden Außentemperaturen von über 25 °C sowie bei Kälte unter 5 °C und entsprechend arttypischer Eigenschaften:
    • Für Legehennen: Unter 15 °C und über 25 °C Außentemperatur
    • Für Kaninchen: Unter 5 °C und über 20 °C Außentemperatur
    • Für Kühe während der Laktationsperiode: Unter 5 °C und über 15 °C Außentemperatur
  • Schlachtung von Tieren am nächstgelegenen, geeigneten Schlachthof
  • Einsatz für eine tiergerechte Überarbeitung der EU-Transportverordnung 1/2005
  • Mehr und unabhängige Kontrollen sowie starke Sanktionen bei Verstößen

Transport von Fleisch und Zuchtsamen statt lebender Tiere

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

+49 151 183 515 30

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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