Gefahr für die Öffentlichkeit: Fünf Tiger aus Zirkus verschwunden 

Mangelhafte Gesetzeslage: VIER PFOTEN Rettungsaktion vereitelt

28.1.2022

Hamburg, 28. Januar 2022 – Kein Happy End für fünf Zirkustiger in Augsburg: Die ortsansässige Ordnungsbehörde hatte nach mehrmaligen Verstößen gegen die Sicherheitsvorgaben dem Dompteur die Haltung der Tiere untersagt und die Abgabe angeordnet. Die globale Tierschutzorganisation VIER PFOTEN hatte angeboten, die Tiger aufzunehmen und ihnen ein gesichertes und tierschutzgemäßes Zuhause zu geben. Doch kurz vor Fristablauf ist der Besitzer der Tiger über Nacht mit den Tieren verschwunden. VIER PFOTEN appelliert an den Halter, die Tiere zu deren Wohlergehen und zur Sicherheit der Öffentlichkeit der Tierschutzstiftung zu übergeben und fordern ein deutschlandweites Haltungsverbot für Wildtiere im Zirkus.

„Das Augsburger Ordnungsamt kritisierte zu Recht die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen im Zirkus. In der Vergangenheit kam es in Zirkussen mit Wildtieren immer wieder zu gefährlichen Vorfällen. Absolute Sicherheit für Menschen und Tiere ist in einem fahrenden Betrieb kaum zu gewährleisten. Wir als Tierschutzstiftung sind wegen der tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen der Tiger zusätzlich besorgt. Wir hoffen sehr, dass der Halter Verantwortung übernimmt und die Tiere abgibt – zu deren Wohl und zur Sicherheit der Allgemeinheit. VIER PFOTEN hat die Erfahrung und die Kapazitäten, die Großkatzen sicher unterzubringen und ihnen ein tierschutzgemäßes Leben zu ermöglichen.“

Sven Wirth, Kampagnenverantwortlicher für Wildtiere bei VIER PFOTEN

Der Besitzer tourte mit seinen Tieren gemeinsam mit dem Moskauer Weihnachtscircus, der aktuell noch in Augsburg kampiert. „Es ist skandalös, dass in Deutschland noch immer Großkatzen und andere Tierarten in Zirkussen auftreten müssen. In der Zirkusbranche leiden Wildtiere unter den ständigen Ortswechseln, schlechten Haltungsbedingungen und Dressurdruck. Ein Zirkus kann einem Wildtier niemals ein artgemäßes Leben bieten. VIER PFOTEN fordert von der Bundesregierung ein umfassendes und bundesweites Haltungsverbot für Wildtiere im Zirkus“, so Wirth. „Unser Nachbarland Frankreich hat vorgemacht, wie es geht und Ende letzten Jahres ein solches Verbot beschlossen.“

Gescheiterte Rettungsmission

Seit dem 19. Januar war ein VIER PFOTEN Team in Augsburg vor Ort, um die Rettungsaktion vorzubereiten. Der Besitzer sollte die Tiger aufgrund von Sicherheitsmängeln abgeben. Die Absicherung des Raubtierkäfigs in der Manege war mangelhaft und Unbeteiligte konnten auf dem Zirkusgelände zu nah an die Tiere herankommen. Zur weiteren Unterbringung der Tiere hatten die Behörden VIER PFOTEN um Unterstützung gebeten. Die Rettungsaktion der fünf Tiger sollte von Tierärzt:innen der Vet Med Universität Wien und des Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) Berlin geleitet werden. Geplant war, drei der Tiere in die VIER PFOTEN Großkatzenstation FELIDA in den Niederlanden zu bringen, die zwei weiteren Tiger hätten in der TIERART Wildtierstation von VIER PFOTEN in Rheinland-Pfalz ein neues Zuhause gefunden. Die Rettungsmission sollte von örtlichen Behörden, der Polizei und der Feuerwehr unterstützt werden.

Am Abend des 20. Januar wurde das Team von den Behörden darüber informiert, dass der Anwalt des Tigerbesitzers gegen den Beschlagnahmebeschluss Klage eingereicht hatte, in der Nacht verschwand der Halter mit den Tigern an einen bislang unbekannten Ort.  

„Wir sind davon ausgegangen, dass wir die Tiere beschlagnahmen können. Durch seine spontane Flucht hat sich der Besitzer trotz des sehr schnellen Handelns von VIER PFOTEN und der Ordnungsbehörde jedoch den Anordnungen der Augsburger Behörde entzogen. Das Perfide: Zu dem Zeitpunkt war die Flucht aufgrund der verheerenden Gesetzeslage noch völlig legal. Erst ab Freitagmorgen hätten die Behörden eingreifen können. Wir wissen nichts darüber, wie sie aktuell versorgt werden oder wie gut die Sicherheitsvorkehrungen sind. VIER PFOTEN ist weiterhin bemüht, die fünf Tiger zu finden und ihnen in unseren Schutzzentren ein tierschutzgemäßes Zuhause zu geben. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ein bundesweites Haltungsverbot für Wildtiere im Zirkus einzuführen – zum Wohl von Mensch und Tier“, so Sven Wirth.

Situation für Wildtiere im Zirkus in Deutschland

In Deutschland reisen 40 bis 50 Zirkusse immer noch mit Elefanten, Giraffen oder Löwen durchs Land. Die Tierschutzprobleme im Zirkus sind systemimmanent: Häufige, mitunter sehr lange Transporte, viel zu kleine und kaum strukturierte Gehege, fehlende oder falsche Vergesellschaftung sowie mangelnde artgemäße Beschäftigung machen es unmöglich, Wildtiere ihren natürlichen Bedürfnissen entsprechend in Zirkussen zu halten. Aufgrund der unzureichenden Haltungsbedingungen und der ständigen direkten Interaktion mit Menschen entwickeln viele Wildtiere im Zirkus Verhaltensstörungen wie Stereotypien, Apathie oder Aggressionen, die häufig einen schlechten Gesundheitszustand, enormen Stress und eine hohe Sterblichkeitsrate zur Folge haben.

VIER PFOTEN Forderungen im Überblick:

  • Vollständiges Verbot der Haltung von Wildtieren im Zirkus
  • Kurze und klar definierte Übergangsfristen für alle Wildtiere, die aktuell im Zirkus leben
  • Sofortiges Zucht- und Nachstellverbot
  • Einsatz für ein EU-weites Verbot von Wildtieren in Zirkussen

VIER PFOTEN engagiert sich gegen den Handel mit Großkatzen in Europa. Weitere Informationen erfahren Sie hier.

Weitere Informationen zu Wildtieren im Zirkus finden Sie hier.

Sven Wirth steht für Interviews zur Verfügung.

Susanne von Pölnitz

Pressesprecherin Wildtiere

presse-d@vier-pfoten.org

+49 152 020 170 68

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg

VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

www.vier-pfoten.de

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