Rindertransport

Kommentar zum geplanten Tiertransport aus dem niedersächsischen Emsland nach Marokko

Tiertransporte in Drittländer müssen beendet werden

17.2.2021

Hamburg, 21. Mai 2021 – Erst Aurich, jetzt Emsland: Am Dienstag, 25. Mai, soll der nächste Rindertransport von Niedersachsen nach Marokko gehen – dieses Mal aus dem Emsland. Zwar hat Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast den Transport untersagt, ob die Tiere tatsächlich nicht nach Marokko abgefertigt werden, zeigt sich jedoch erst in den nächsten Tagen. Ein Kommentar von Rüdiger Jürgensen, Geschäftsführer VIER PFOTEN Deutschland:

„Es ist ein Skandal, dass Niedersachsen nach wie vor Drehscheibe für Tiertransporte in Drittländer ist. Gerade die Veterinärämter Aurich und Emsland winken jährlich tausende Rinder aus anderen Bundesländern in tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten durch: Sie kontrollieren Tiertransporte unkritisch und genehmigen diese viel zu leichtfertig. Allein seit Januar 2021 gingen über niedersächsische Landkreise rund 4.500 Rinder in Drittstaaten – trotz eines bestehenden niedersächsischen Erlasses von Agrarministerin Barbara Otte-Kinast der genau diese verhindern sollte. Wichtig ist dabei vor allem eines: Veterinärämter sind verpflichtet, Tierleid zu verhindern und das Wohl der Tiere während des Transports bis zum Bestimmungsort sicherzustellen. Es ist deshalb ihre Pflicht, Transportgenehmigungen in tierschutzrechtliche Hochrisikostaaten zu verweigern. Genau das tun seit vergangenem Sommer fast alle Veterinärämter der meisten Bundesländer.

Das grausame Schicksal der Tiere in Drittländern wie Marokko wird immer wieder durch Tierschutzorganisationen und Journalist:innen dokumentiert: Abgemagerte Tiere werden auf marokkanischen Märkten brutal in Transporter geprügelt. Die Tiere werden, nachdem sie ihr Kalb gebären mussten, unter vollkommen inakzeptablen Bedingungen geschlachtet: Ihnen werden die Augen ausgestochen, die Beinsehnen durchtrennt, sie werden an einem Hinterbein hochgezogen und ihnen wird bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten. Der Todeskampf dauert bis zu 30 Minuten. So sind die Realitäten, die wohl kaum dem deutschen Staatsziel Tierschutz gerecht werden.

Mit dem Versuch, einen Transport nach Marokko zu verbieten, hatte die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast vergangene Woche das Richtige getan. Allerdings reagierte das Ministerium nach der vorhersehbaren Klage des Exporteurs geradezu hilflos. Bereits nach einem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg wurde vom Veterinäramt reflexartig der Abfertigungs-Stempel gesetzt und die Tiere wurden am folgenden Tag verladen. Das vom Ministerium angekündigte Beschwerdeverfahren blieb aus und auch von einer Feststellungsklage kam man schnell wieder ab. Ministerin Otte-Kinast hat jetzt die Möglichkeit, es bei ihrer erneuten Untersagung des für den 25. Mai geplanten Transports von 528 Rindern aus dem Emsland nach Marokko besser zu machen.

Tatsache ist: Ein Tiertransport in einen tierschutzrechtlichen Hochrisikostaat hält einer ordentlich durchgeführten veterinäramtlichen Prüfung auf Einhaltung des Tierschutzes nicht stand. Worauf es jetzt ankommt: auf den politischen Willen und die Standhaftigkeit, einen juristischen Fall, wenn es sein muss auch bis in höchstrichterliche Instanzen durchzuboxen. Es gibt bereits einen Präzedenzfall: Genau dieses Durchhaltevermögen hatte eine bayerische Amtstierärztin mit Rückenwind des Ministeriums 2015 bewiesen. Seitdem existiert ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das besagt, dass die EU-Tierschutztransportvorschriften auch im Drittland eingehalten werden müssen. Die niedersächsische Agrarministerin kann also den eingeschlagenen Weg konsequent zu Ende gehen: sie weiß auch, dass sie dabei die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hat.

Laut aktueller Stellungnahme der Deutschen juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht ist sowohl ein Verbot von Transporten wegen der konkreten Gefahr der Tierquälerei im Drittland, als auch eine Feststellungsklage durch den Landkreis möglich, der mit Unterstützung des Ministeriums diese Mittel nutzen sollte.

Tiertransporte über tausende Kilometer in Drittländer müssen endlich beendet werden. Die Bundesländer stehen hier in der Pflicht. Gleichzeitig ist ein bundes- und EU-weites Transportverbot in Drittländer zwingend notwendig. Dass ein deutschlandweites Verbot möglich ist, zeigt unser juristisches Gutachten.“

Oliver Windhorst

Pressesprecher für Tiere in der Landwirtschaft

presse-d@vier-pfoten.org

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VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
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VIER PFOTEN ist die weltweite Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Leiden aufdeckt, Tiere in Not rettet und sie schützt. Gegründet 1988 in Wien von Heli Dungler und Freunden, setzt sich die Organisation für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Empathie und Verständnis begegnen. Die nachhaltigen Kampagnen und Projekte von VIER PFOTEN konzentrieren sich auf Haustiere wie streunende Hunde und Katzen, Nutztiere und Wildtiere - wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans - in unangemessener Haltung sowie in Katastrophen- und Konfliktgebieten. Mit Büros in Australien, Österreich, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Kosovo, den Niederlanden, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, Großbritannien, den USA und Vietnam sowie Auffangstationen für gerettete Tiere in elf Ländern bietet VIER PFOTEN schnelle Hilfe und langfristige Lösungen. 

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