Ferkelkastration

Wie junge Schweine ohne Betäubung kastriert werden – und
welche Alternativen es gibt

21.2.2019

In der Schweinehaltung werden Ferkel schon sehr früh kastriert – meist ohne Betäubung. Dies ist äußerst schmerzhaft für die Tiere. Begründet wird die Kastration damit, dass unangenehmer Ebergeruch im Fleisch verhindert werden soll. Ebergeruch tritt jedoch äußerst selten und nur beim Erhitzen des Fleisches auf. Geruchsbelastetes Fleisch kann bereits am Schlachthof aussortiert und kalt verarbeitet werden, zum Beispiel als Wurst.

So werden Ferkel im Alter von wenigen Tagen ohne Betäubung kastriert.
 

Tierquälerei für billiges Fleisch

Der Grund, warum bei Schweinen keine Betäubungspflicht für eine chirurgische Kastration besteht, wohl aber bei Hunden und Katzen, besteht allein in den anfallenden Kosten, die durch eine Betäubung entstehen. Kastrationen ohne Betäubung dürfen vom Landwirt selbst durchgeführt werden, wogegen eine Anästhesie nur von einem Tierarzt verabreicht werden darf. Die eingesparten Tierarztkosten durch das Weglassen einer Betäubung machen die Produktion von billigem Schweinefleisch noch effizienter – auf Kosten der Tiere.

Ab dem 01.01.2019 soll die betäubungslose Kastration von Ferkeln in Deutschland verboten werden. Es wird jedoch über dieses Verbot hinaus voraussichtlich keine konkreten Vorgaben geben, welche Betäubungsmethoden erlaubt werden und welche nicht. Dies ist jedoch wichtig, denn einige Betäubungsmethoden haben beispielsweise eine zu geringe Betäubungswirkung oder sind in der Anwendung mit großem Stress für die Tiere verbunden.

Es gibt Alternativen

Dabei gibt es tierfreundlichere Alternativen wie die Ebermast oder die Impfung gegen Ebergeruch, bei der keine chirurgischen Kastrationen durchgeführt werden. Die Betäubung mit Vollnarkose ist ebenfalls eine akzeptable Alternative, wenn auf die Kastration nicht verzichtet werden kann. Hier ist jedoch entscheidend, dass weiterhin nur der Tierarzt diese Narkose setzen darf. Von der Schweineindustrie wird immer noch die Legalisierung einer Lokalbetäubung, der sogenannten „4.Weg“ erhofft, die durch Tierhalter selbst durchgeführt werden könnte und deshalb kostengünstig wäre. Der 4. Weg ist jedoch keine Alternative, da er äußerst schmerzvoll für die Tiere ist.

Verbot der betäubungslosen Kastration in Deutschland ab 2019 gekippt

Ab dem 01.01.2019 sollte eigentlich die betäubungslose Kastration von Ferkeln in Deutschland verboten werden. Das Verbot stand seit 2013 und hatte somit der Branche eine Übergangsfrist von 5 Jahren eingeräumt. Kurz vor Ende der ablaufenden Frist, hat die große Koalition am 28.11.2018 das Verbot um weitere 2 Jahre nach hinten verschoben, so dass Ferkel nun immer noch bis Ende 2020 ohne jegliche Betäubung kastriert werden dürfen. Hier erfahren Sie mehr über die Debatte im Deutschen Bundestag und das Abstimmungsergebnis der einzelnen Abgeordneten.

Als Begründung für diese Gesetzesänderung zu Ungunsten der Tiere wurde genannt, dass die vorhandenen Alternativen zur betäubungslosen Kastration noch nicht ausreichend in der Praxis umsetzbar seien. Mit der Kastration unter Narkose, der Immunokastration und der Jungebermast gibt es jedoch anwendbare und praktikable Alternativen. Dies hat die Bundesregierung in einem Bericht von 2016 selbst festgehalten. Jedoch haben weder die Bundesregierung noch die Interessensvertreter der Schweinehalter in den vergangenen fünf Jahren ausreichend Anstrengungen unternommen, die vorhandenen Alternativen in die Praxis umzusetzen. Stattdessen wartete man bis kurz vor Ablauf der Frist, um in letzter Minute eine Fristverlängerung um weitere zwei Jahre zu beschließen.

Dabei wurden mehrfache sehr eindeutige Entscheidungen im Bundesrat für eine Beibehaltung des Verbots ignoriert. Die Bundesregierung hat sich hier zum Handlanger der Agrarlobby gemacht und wirtschaftliche Interessen wieder einmal vor den Tierschutz gestellt. Inzwischen haben viele Einzelhandelsketten erklärt, dass sie nur noch Fleisch von unkastrierten Schweinen oder solchen, die mit Betäubung kastriert wurde, annehmen werden.

Mittlerweile ist das Betäubungsnarkotikum Isofluran auch für die Betäubung von Schweinen zugelassen. Narkosemittel müssen rechtlich von einem Tierarzt verabreicht werden. Um jedoch eine möglichst billige Lösung für die Ferkelproduzenten zu etablieren, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nun einen Verordnungsentwurf auf den Weg gebracht, der es auch Tierhaltern ermöglichen soll, bei den Ferkeln selbst eine Vollnarkose mit Isofluran durchzuführen. VIER PFOTEN spricht sich gemeinsam mit anderen Tierschutzverbänden eindeutig dagegen aus, da Narkosemittel nicht in Laienhand gehören. Lesen Sie hier unsere Stellungnahme, die wir am 21.02.2019 an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gesendet haben.

Vier pfoten fordert

  • ein sofortiges Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration.

  • keine Erlaubnis von nicht tierschutzgerechten Alternativen wie z.B. der Lokalanästhesie (4. Weg).

  • Keine Aufhebung des Tierärztevorbehalts zur Anwendung von Isofluran.

  • Erlaubnis und Definition ausschließlich tierschutzgerechter Alternativen wie z.B. Ebermast oder Impfung gegen Ebergeruch oder Kastration unter Betäubung mittels Vollnarkose durch den Tierarzt.

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